Blinde Passagiere: Neu entdeckte Viren nutzen Toxoplasmose-Erreger, um ins Gehirn zu gelangen

Ein neu entdecktes RNA-Virus nutzt den Toxoplasmose-Erreger T. gondii als „Trojanisches Pferd“, um ins menschliche Gehirn zu gelangen und dort Zellen zu infizieren. Diese Co-Infektion kann zu gefährlichen Entzündungen führen und zeigt, dass Viren auch indirekt zu zoonotischen Erkrankungen beim Menschen beitragen können.

Etwa ein Drittel der Weltbevölkerung ist mit dem Parasiten Toxoplasma gondii infiziert, der hauptsächlich bei Katzen vorkommt, aber auch andere Wirbeltiere, einschließlich Menschen, infizieren kann. Der Parasit kann in fast allen tierischen Zellen leben, außer in Blutzellen, und oft sind Nervenzellen betroffen, nachdem er über Immunzellen ins Gehirn gelangt ist.

Unterschiedliche Verläufe der Toxoplasmose

Infektionen mit T. gondii verlaufen oft unbemerkt, da nur etwa zehn Prozent der Infizierten Symptome wie Entzündungen, Fieber oder Sehstörungen zeigen. In seltenen Fällen kann es zu neurologischen Spätfolgen kommen. Die große Frage ist, warum die Krankheit so unterschiedlich verläuft und unter welchen Bedingungen sie gefährlich wird.

Ein Forscherteam um Purav Gupta von der University of Toronto hat nun mithilfe von Computeranalysen und Sequenzierungsdaten nach Zusammenhängen zwischen Toxoplasmose, Nervenentzündungen und RNA-Viren gesucht. Ihre Hypothese: Eine unerkannte Virusinfektion könnte die Ursache sein.

Co-Infektion verstärkt Symptome

Die Forscher entdeckten das RNA-Virus Apocryptovirus odysseus und 18 verwandte Viren in menschlichen Nervenzellen und anderen tierischen Zellen. Personen, die gleichzeitig mit einem dieser Narnaviren und T. gondii infiziert waren, litten an schweren Nervenentzündungen.

Die Co-Infektion mit dem Parasiten und dem Virus verschlimmert die Symptome der Toxoplasmose. „Unsere Forschung ist die erste, die eine Verbindung zwischen Toxoplasmose und einem Virus herstellt“, erklärt Gupta.

Viren und Parasiten arbeiten zusammen

Das Virus versteckt sich im Inneren des Parasiten, ähnlich wie ein Soldat in einem Trojanischen Pferd, um ins menschliche Gehirn zu gelangen. Das Immunsystem erkennt die RNA des Virus als fremd und reagiert darauf, was die Toxoplasmose-Symptome verschlimmert. Das neu entdeckte Narnavirus A. odysseus kommt in zwei Stämmen von T. gondii vor: Der RUB-Stamm, der in Französisch-Guinea vorkommt, und der COUGAR-Stamm, der in British Columbia gefunden wurde.

Neue Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten

Da die RNA-Viren ohne die Hilfe von Parasiten nicht in menschliche Zellen gelangen können, weist ihr Vorhandensein auf eine gleichzeitige Parasiteninfektion hin. Dies eröffnet neue Diagnosemöglichkeiten: „Die Gruppe von 19 RNA-Viren, die wir gefunden haben, sind starke Biomarker für parasitäre Infektionen“, sagt Koautor Artem Babaian von der University of Toronto. „Das A. odysseus-Virus könnte ein wertvoller Marker für schwere Toxoplasmose bei Menschen oder anderen Tieren sein.“

Das Team plant, zu untersuchen, ob die durch eine parasitäre Infektion hervorgerufenen Symptome behandelt werden können, indem man gegen die Viren innerhalb des Parasiten vorgeht.

Bedeutung der Forschung

Diese Studie zeigt, dass nicht nur Tiere, sondern auch andere Organismen als Zwischenwirte für zoonotische Erkrankungen dienen können. „Es ist wichtig, über die direkt infizierenden Viren hinauszuschauen und das erweiterte Virom zu berücksichtigen“, so Babaian.